The Kids are alright
Ich habe alles versucht, um meinen fünfjährigen Sohn vom Interesse an der Malerei abzulenken. Warum? Naja, weil ich sein Vater bin und mir Sorgen mache: Was soll aus dem Jungen eines Tages werden? Das Künstlersein ist zu 80 % Plackerei. Kriegt man genug Geld für die Miete zusammen? Klamotten? Von Urlaub wage ich gar nicht zu reden. (Immer denkt man: Nächstes Jahr, in diesem sieht es etwas knapp aus. Und so geht das jahrelang.) Mir wäre es lieber, wenn er sich brennend für Mathematik oder noch besser Jura interessieren würde…. Nein, Quatsch, ich mache nur Spaß. Ehrlich gesagt, freut es mich natürlich, dass er Interesse an der Malerei und am Zeichnen zeigt.
Aber ich bin in der Tat erst neulich mit ihm zum ersten Mal in die Kölner Malschule zu einem Kinderkurs gegangen. Ich habe mich lange dagegen gesperrt, obwohl ich ja nun selbst in der Malschule arbeite und eine sehr gute Freundin von mir, die ich sehr schätze, die Kinder unterrichtet . Ich konnte mir schwer vorstellen, dass man Kreativität bei Kindern „organisieren“ kann . Bei Erwachsenen oder Teenagern läuft das Programm optimal. Die Ergebnisse sind bereits nach wenigen Wochen sichtbar.
Aber kleine Kinder? Die sollte man doch lieber in Ruhe lassen. Sie sollten Kinder sein! Sie sollten spielen, einfach das machen, was sie wollen. Also malte und zeichnete ich zu Hause mit meinem Sohn. Er sagte mir, was ich für ihn malen soll und während ich es malte, versuchte er es, so gut er konnte, nachzuahmen und es sind tolle Sache entstanden. Durch Zufall hat er mitbekommen, dass es in der Malschule auch Kurse für kleine Kinder gibt und ab da wollte er unbedingt dort hin. Ich war nicht überzeugt, aber ich ging natürlich mit ihm dorthin (wer selbst Kinder hat, der weiß, wie überzeugend sie sein können) und setzte mich dazu.
Zuerst ließ die Dozentin eine Schatztruhe herumgehen und jedes Kind durfte sich ein Teil daraus aussuchen. Es war der Startschuss zum kreativen Spielen.Die Gegenständen aus der Truhe waren wie Zauberschlüssel, die den Kindern helfen sollten, die große Aufgabe – das Erschaffen eines Bildes – zu lösen. Mein Gott, was alles in diesen 90 Minuten gemacht wurde. Es wurde gerätselt, geschnitten, geklebt, gemalt, vorgelesen und noch vieles mehr. Was ich schlichtweg umwerfend fand, war die Tatsache, dass nicht nur die Fantasie der Kinder durch diese zahlreichen Aufgaben stimuliert wurde, sondern dass sie sich auf diese leichte und unbeschwerte Art mit den großen Problemen der Malerei auseinandersetzten, also Komposition, Luftperspektive, Tonalität etc. Ich war so begeistert, dass ich versuchte mit meinem Sohn zu malen. Sein Bild mit meiner Erfahrung „besser“ zu machen. Welch großer Fehler! Er bat mich, ihn unverzüglich in Ruhe zu lassen (natürlich hat er das etwas weniger gewählt, dafür direkter ausgedrückt). Geknickt über den Spielfeldverweis, aber in voller Anerkennung des Grundes, verließ ich den Raum. Eltern sollten die Kinder beim Schöpfen nicht ablenken.
Niemals nie.
Ich setzte mich an die Lieblingsstelle aller Besucher der Malschule, den romantischen Fischteich unter dem Weintrauben-Blätterdach und schaute mich um. Ein paar Kinder aus einem anderen Kurs saßen auf einer anderen Bank und warteten, dass ihre Bilder trockneten. Währenddessen redeten sie darüber, inwiefern die Bilder gelungen wären und was man hätte besser machen können. Plötzlich sah ich meinen Arbeitsplatz mit ganz anderen Augen. Er ist eine Insel, auf der es keinen Leistungsdruck gibt, keine Konkurrenz und keinen Wettbewerb. Es geht einzig und allein um Kreativität. Und mir gefiel die Vorstellung, auf einer solchen Insel gestrandet zu sein.
Ich lehnte mich zurück und verbrachte den Rest der Zeit damit, die Fische zu betrachten und dem Vogelgezwitscher zu lauschen und irgendwoher ertönte plötzlich das leise Rauschen des Meeres…